Es wird in ihnen versucht, die sozialen und religiösen Entwicklungen allein mit Hilfe der sunnitischen Glaubensauffassung zu erklären. Um die soziale und politische Lage der Aleviten zu verstehen, bedarf es jedoch der Berücksichtigung ihrer religiösen und kulturellen Lehre.
Die Emigration der Aleviten nach Europa bewirkte eine Befreiung von der religiösen und politischen Benachteiligung durch die sunnitisch geprägte Majorität in der Türkei. Ihren Glauben üben sie seither in regelmäßig veranstalteten CEM-Zusammenkünften aus, ohne damit ihren Glauben nach außen zu kehren oder gar missionarisch tätig sein zu wollen. Anders als der sunnitische und schiitische Glaube, als in Europa bekannte islamische Richtungen, nahm die Entwicklung im Alevitentum einen ganz anderen Gang. Die Entwicklung im Alevitentum wurde stark durch andere Kulturen, Religionen und Philosophien beeinflusst (Zarathustra, Schamanismus etc..).
Das Alevitentum entwickelte sich zu einer naturverbundenen, toleranten, weltoffenen, Bescheidenheit und Nächstenliebe ausstrahlenden Religion. Die Aleviten lehnen die Scharia (Gesetzeskodex im orthodoxen Islam) und die Sunna (Verhaltensformen und -techniken im orthodoxen Islam) ab und treten für Religionsfreiheit, Menschenrechte, Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft und Trennung von Staat und Religion (Laizismus), ein.
Aufgrund dieser liberalen Lebensauffassung wurden sie immer wieder Opfer der gnadenlosen Verfolgung durch die orthodoxen Moslems. Die Repressionen sind trotz der zaghaften Demokratisierung in ihren Herkunftsländern leider noch täglich präsent, obwohl sie 1/3 (ca.20 Mio.) der türkischen Bevölkerung ausmachen.
Das Alevitentum wurde stark durch den Philosophen und Reformator HÜNKAR BEKTAS VELI geprägt, der zwischen 1210 und 1271 gelebt hat. Großen Einfluss hatten auch die Volksdichter YUNUS EMRE (1241-1319), NESIMI (1339-1418), PIR SULTAN ABDAL und viele mehr. Auch im Alevitentum gibt es bestimmte Regeln, wie die Lehre von den „VIER PFORTEN“ und die Trinität des „BEHERRSCHE DEINE HÄNDE, DEINE ZUNGE UND DEINE LENDEN“
Die alevitischen Gemeinden werden durch DEDE’s, den Geistlichen, geleitet. Die Aleviten kommen bei den CEM’s (Gottesdienst) zusammen und versuchen hierbei (keine Geschlechtertrennung) auch eventuell vorliegende Probleme gemeinsam zu lösen. Im Alevitentum steht der MENSCH im Mittelpunkt der Religion.
Das Alevitentum ist außerhalb der Türkei u.a. noch in Syrien, Ägypten, Albanien und bei den aus der Türkei stammenden Immigranten in Westeuropa verbreitet.